Was ist Endometriose?

Kein Anspruch auf medizinische Vollständigkeit oder Korrektheit. Dieser Artikel entstand nach eigener monatelanger Recherche medizinischer Artikeln in Fachjournals. Dieser Bericht dient nicht zur Selbstdiagnose, sondern zur Aufklärung, zum Aufwecken von Ärzt:innen und zum Genaueren Hinhören- und Hinschauen Angehöriger junger Patientinnen.

Endo-metri-ose. Eine Erkrankung ist nun in aller Munde. Journalist:iunnen berichten, Betroffene erzählen, Ärzt:innen klären auf- Endometriose erlangt zunehmend Aufmerksamkeit.

Doch die allermeisten haben noch nie davon gehört. Es handelt sich um eine Erkrankung, die sehr häufig Frauen betrifft und schon in jungen Jahren beginnen kann. Personen, die nicht Betroffene im Bekanntenkreis haben, wissen oft nicht, worum es sich dabei handelt. Auch wenn man selbst jemanden kennt, die* an Endometriose erkrankt ist, scheut man sich unter Umständen nachzufragen, denn Endometriose betrifft den gynäkologischen Bereich- immer noch ein Tabu, welches aber langsam zu bröseln beginnt.

Triggerwarnung:  In diesem Artikel geht es um starke Schmerzen, medical gaslighting (-also dem Herabspielen von Beschwerden seitens Mediziner:innen)und den gynäkologischen Bereich. Wenn dich diese Themen triggern, lies den Artikel nicht alleine.

Eine extrem gemeine „gutartige“ Krankheit

Endometriose ist eine sogenannte „gutartige“ Krankheit, bei der sich Gewebe, das so ähnlich (!) ist wie Gebärmutterschleimhaut, außerhalb des Uterus ansiedelt. Man nennt das gutartig, da sich die Zellen nicht zu bösartigen Tumoren entwicklen, wie bei Krebs, aber vom Prinzip her sich ähnlich verhalten. Der Begriff ist leider irreführend und bedeutet nicht, dass Endometriose eine unproblematische oder ungefährliche Erkrankung ist.

Außerhalb von der Gebärmutter, verursachen diese Endometriose-Herde Blutungen, die dem weiblichen Zyklus folgen. Das bedeutet die Herde bluten im Bauchraum während der Periode. Diese führen zu lokalen Entzündungsreaktionen und breiten sich im Bauchraum aus.

Das Blut fließt allerdings nicht im normalen Weg ab, was Zysten, Verwachsungen, Entzündungen und Vernarbungen verursachen kann, die zu teils sehr starken Schmerzen und in extremen Fällen auch zur Gefährdung anderer Organe führen können.

EVA- Endometriose Vereinigung Österreich

Bei Endometriose gibt es zahlreiche Symptome und die Lebensqualität der Patient:innen ist üblicherweise eingeschränkt. Wehenartige Regelschmerzen, Unterleibsschmerzen (unabhängig vom Zyklus), Ausstrahlen der Schmerzen in die Beine und den unteren Rücken, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, Wasserlassen, Stuhlgang etc. all das sind Begleiterscheinungen, die von diesen Herden verursacht werden können. Die Schmerzen hängen auch oft mit der Lokalisierung der Herde zusammen (aber nicht immer).

Tief infiltrierende Endometriose (TIE) hat sich bereits tief ins Gewebe von umliegenden Organen/Gewebe gefressen und kann nicht so leicht und manchmal (je nach Lokalisation) gar nicht entfernt werden. Endometriose lässt sich nicht heilen, weshalb bei vielen Patientinnen der Verlauf mit einer Zunahme der Probleme über die Jahre beschrieben wird. Endometriose Herde können auch zu Verklebungen und Verwachsungen im Bauchraum führen, wodurch die Funktionsfähigkeit von Organen gestört wird. Bleiben diese Verwachsungen unbehandelt oder nehmen zu, sind lebensbedrohliche Zustände möglich – zum Beispiel bei einem akuten Darmverschluss. Im Normalfall sind aber Patientinnen bereits bei Fachärzt:innen vorstellig.

Endo-OP

Zur endgültigen Diagnose und bei bereits sichtbaren Herden kann mittels einer Bauchspiegelung (Laparoskopie) in den Bauchraum (bis hinauf zur Lunge) geschaut werden, wo und ob Herde vorhanden sind. Bei oberflächlicher Endometriose werden diese üblicherweise direkt herausgeschnitten oder verbrannt, womit die Beschwerden oft auch verbessert werden können. Endometriose kann auch Beschwerden außerhalb der Monatsblutung hervorrufen, zum Beispiel bei Endometriose des Ovars oder der Tube. Bislang weiß man nicht genau, wie der Zyklus und die Herdenbildung (Geschwüre) zusammenhängen nur, dass diese schmerzhaft sein können. Manche Frauen haben sogar täglich Schmerzen, was wiederum die Komplexität des Diagnoseweges erhöht. Das geschieht insebsondere bei schwereren, unbehandelten Verläufen.

Im Endometriose- Leitfaden wird als effektive hormonelle Therapie die „Blutungsfreiheit“ genannt. Der Expertenkonsens für die Behandlung von symptomatischer Endometriose ist ein geeignetes Gestagen (Hormon). Durch die Hormone, soll die Periode (der Hauptrisikofaktor für Endometriose) gestoppt werden. Dadurch kommen aber viele junge Frauen rasch in einen diagnoseverzögernden Kreislauf: die Hormone verbessern häufig Symptome, weshalb keine Operation durchgeführt wird und somit auch keine Diagnose gestellt wird. Dazu bald mehr im zweiten Teil dieser Reihe.

Adenomyose – noch unbekannter

Eine Unterform der Endometriose ist die Adenomyose, eine noch schlechter erforschte Erkrankung, bei der Gewebe in die Muskelschicht der Gebärmutter einwächst. Manchmal wird sie als eigene Krankheit beschrieben, oft als „Endometriose des Uterus“ bezeichnet.

Symptome der Adenomyose sind ebenfalls (teils enorme) Uteruskrämpfe, erhöhte Wahrscheinlichkeit von Unfruchtbarkeit, Früh- oder Fehlgeburten, Blutklumpen oder extrem starke Blutungen, Schmerzen im unteren Rücken, Blähungen, Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Übelkeit usw. Viele Symptome decken sich allerdings mit denen der Endometriose oder kommen auch bei Endo vor. Mediziner:innen sind sich auch noch nicht ganz einig, ob Adenomyose eine eigenständige Krankheit darstellt, oder als eine „Subform“ von Endometriose gesehen werden soll. Die Zellstruktur unterscheidet sich jedenfalls: bei Adeno handelt es sich um Gebärmutterschleimhaut und bei Endometriose um so ähnliches Gewebe. Manche Frauen haben aber auch beide Erkrankungen und manche haben auch überhaupt keine Probleme mit Adeno (rund 30%). Zwischen 38% und 64% haben Adenomyose ohne sonstige Endometriose. Die Diagnose ist sehr schwierig und es gibt in der Forschung auch diesbezüglich noch keine Einigkeit.

Hinweise auf Adeno sind im Ultraschall eine starke Verdickung einer Wand der Gebärmutter oder eine Vergrößerung des Organs. Bei der Bauchspiegelung erkennt man manchmal eine verfärbte, vergrößerte Gebärmutter und im MRT sind manchmal Knoten (Herde) zu erkennen. Gesichert diagnostizieren (und heilen) konnte man es bislang nur durch eine Gebärmutterentfernung. Dies wird aber bei jungen Frauen mit noch vorhandenen Kinderwunsch vermieden und mit der Hormonspirale (oder Endometriosepille bzw. mit GnRH-Analoga) effektiv behandelt.

Der Unterschied von Adenomyose und Endometriose veranschaulicht.

Während die Diagnose Adenomyosis uteri streng genommen erst durch histologischen Nachweis gestellt ist, wird mittlerweile auch die Diagnose mittels MRT oder Sonographie oder mittels Kombination aus beiden Methoden als Nachweis akzeptiert.

Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Endometriose“ 2020-2023

Perspektive?

Nach wie vor gibt es keine Heilung und keine definitive Therapie dieser chronischen Krankheit. Mit der Unterdrückung der Regelblutung versucht man die Symptome zu lindern, oder im besten Fall zu stoppen.

Endometriose und/oder Adenomyose sind eine der häufigsten Ursachen für Kinderlosigkeit. Die Ursache, Therapie und gezieltere Behandlung (mit weniger Nebenwirkungen als durch die Dauerhormontherapie) sind bisher noch große Fragezeichen. Jede Person, die zur Aufklärung dieser Krankheit beiträgt, an Selbsthilfegruppen spendet oder weitererzählt, hilft dabei anderen Frauen, schneller diagnostiziert zu werden und die Forschung anzukurbeln, da die Vertretungsgruppen bessere Lobbyarbeit betreiben können.

Eines ist vor allem wichtig: lasst uns aufhören jungen Mädchen und Menstruierenden zu sagen, so starke Schmerzen müsse man aushalten. Ein Ziehen im Bauch und allgemeines Unwohlsein ist normal. Ab und zu eine Ibuprofen zu brauchen ist normal, aber wenn man tagelang nicht in die Schule gehen kann oder dort regelmäßig zusammenbricht, hört die „Natürlichkeit“ des Frau-Seins auf. Dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Erkrankung und gehört ärztlich untersucht.

Lasst uns aufhören jungen Mädchen und Menstruierenden zu sagen, so starke Schmerzen müsse man aushalten.

Das ist nicht normal.

Meiner Wahrnehmung nach entwickelt sich die Aufklärung über Endometriose zunehmend. Mehr und mehr Zeitungen, Reportagen oder Berichte werden über diese Krankheit veröffentlicht und kommen so ins Bewusstsein der Gesellschaft. Letztes Jahr gabe es einen Dokumentarfilm im Kino und online zu Endometriose, dieser hat viel mediale Aufmerksamkeit gebracht. Die Tabuisierung der Periode ist zwar noch immer relevant, nimmt aber ab und jede:r kann einen Beitrag dazu leisten, indem darüber geredet wird. Es sind auch Medikamentenstudien am Laufen und einzelne Forscher:innen widmen sich dieser Thematik. Hoffentlich wird bei geldgebenden Einrichtungen, in der Politik und Medizin bald bewusster, dass 1:10 Frauen ein Problem haben, das man nicht einfach als „unwichtige Frauensache“ abtun kann. Endometriose ist überall und wirkt sich auch aus- man muss nur hinschauen.

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