Schaidreiter: “Ich sehe mich nicht als Anwältin der EU”

Am 14. Europäischen Mediengipfel haben die Nachwuchsjournalistinnen Andrea Krapf, Chiara Köck und Elisabeth Weissitsch die EU-Korrespondentin, Raffaela Schaidreiter interviewt. Anschließend wurde Beitrag im Standard veröffentlicht (siehe unten).

Ukraine Krieg und journalistische Expertise: ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter über Berichterstattung in Kriegszeiten, ihre Aufgaben und ihr Verständnis von EU-Korrespondenz.

24 Stunden am Tag Berichte über die Ukraine. Analysen, Interviews und bedrückte Stimmung. Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges ist die Berichterstattung im ORF Korrespondent:innenbüro in Brüssel stark gestiegen, weshalb anfangs kaum Zeit für die Reflexion der Geschehnisse blieb. „Es geht einem nahe, auch wenn wir nicht direkt an der Front stehen wie unser Ukraine-Korrespondent, Christian Wehrschütz“, berichtet Raffaela Schaidreiter, die EU-Korrespondentin und Leiterin des Büros in Brüssel.

Direkt ist dafür der Austausch und die enge Zusammenarbeit mit anderen Korrespondent:innen, speziell mit der Dienststelle in Moskau. Inhaltlich haben sich auch die Themengebiete geändert – was einst rein „Kontakte“ zu NATO Mitarbeiter:innen waren, stellen nun zentrale Informant:innen über Kriegslieferungen dar, „Instrumente und Waffen, die Leben zerstören.“ 

Nicht nur die Themen und Geschehnisse sind belastend, auch der Journalismus steht vor neuen Herausforderungen durch den Konflikt. Als ein Beispiel dafür nannte sie die sich neigenden finanziellen Ressourcen ukrainische:r Kolleg:innen. Weiteres nennt Schaidreiter das Sanktionspaket der EU-Kommission, durch welches die russischen Medien „Sputnik“ und „Russia Today“ gesperrt wurden, um Propaganda zu reduzieren.  

Dass neue Themen und Einflüsse den Journalismus abseits von dramatischen Kriegsszenen aber auch bereichern können, wird durch ihren persönlichen Lebensweg sichtbar. Die Forstwissenschafterin benötigt ihr Wissen in vielen Bereichen, wie etwa im Klima- und Umweltschutz. Auch neue Gesetzesvorhaben oder Auswirkungen auf das tägliche Leben seien davon betroffen: „Wie wir leben, wo wir bauen, womit wir uns fortbewegen.“ Dieser naturwissenschaftlicher Zugang helfe ihr auch in Interviews Dinge anders zu hinterfragen. 

„Frauen werden immer sichtbarer“

Schaidreiter studierte zudem Theater-, Film- und Medienwissenschaften. Auch wenn sie mit der Zeit ein Gespür und Verständnis für die Prozesse, die sich innerhalb der EU abspielen, bekommen hat, würde sie sich nicht als primäre EU-Expertin bezeichnen. Sie betont, dass der Zugang zu Expert:innenwissen in Brüssel einfach sei, denn es gebe ein  „großes  Sammelsurium von Wissensquellen wie Think-Tanks, Organisationen und Politiker:innen“. Im internationalen Vergleich wird in Österreich viel über die EU berichtet, „denn für den ORF hat Europapolitik einen hohen Stellenwert.“ In anderen Staaten wie Frankreich käme man kaum in die Hauptnachrichten. Schaidreiter betont aber: „Ich sehe mich nicht als Anwältin der EU“ und meint damit ihre Rolle als EU-Korrespondentin. Ihre Aufgabe bestünde darin, zu beobachten und Entwicklungen aufzuzeigen, nicht die EU zu verteidigen. Zuseher:innen soll damit die Möglichkeit zur eigenen Meinungsbildung erleichtert werden. Mit einem Mittelmaß zwischen positivem  und negativem Feedback wisse sie, dass sie auf dem richtigen Weg sei.

Auch in Punkto Gleichstellung von Frau und Mann berichtet sie von einer vergleichsweise positiven Bilanz: „Frauen werden immer sichtbarer.“ Auch wenn es im ORF immer ausgewogener wird, ist sie die erste Frau, welche das Büro in Brüssel leitet. „Dass mehr Frauen an die Spitze kommen, hängt auch mit dem Generationenwechsel zusammen und das wird immer selbstverständlicher.“

Die Bedeutung der EU ist für sie daher vielschichtig: grenznahe zu Deutschland aufgewachsen, war eine Passkontrolle beim Verwandtschaftsbesuch in Bayern Routine, aber: „Ich bin auch ein Kind der Generation ERASMUS.“

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