Elisabeth Daniela Weissitsch
Ukraine, Klimawandel, Teuerungen: Politikwissenschafter Peter Filzmaier sieht eine zunehmende Polarisierung der Gesellschaft und erwartet eine Neuordnung Europas.
Am 14. Europäischen Mediengipfel konnten die freie Journalistin Andrea Krapf und ich als Teilnehmerinnen der Medienakademie Prof. Peter Filzmaier interviewen. Anschließend wurde der Video-Blog im Standard veröffentlicht (siehe unten).
Die Demokratie steht mehr denn je in Frage: „Wie immer der russische Angriffskrieg in der Ukraine ausgeht, die Folge wird eine Zeitenwende in Form einer Neuordnung Europas, vielleicht sogar einer neuen Weltordnung sein“, betont Peter Filzmaier am 14. Europäischen Mediengipfel in Lech.
Sorge macht dem Politikwissenschafter die steigende gesellschaftliche Polarisierung, die er in den Auswertungen von Politikforschungsdaten bemerkt. „Manchmal frage ich mich, ob die Befragten aus dem gleichen Land, vom gleichen Kontinent oder vom selben Planeten kommen“, weil der Grundkonsens so gering ist.
Die Ursache dafür? Einerseits das Versäumnis politischer Bildung und Medienbildung in Schulen, offener Jugendarbeit und Erwachsenenbildung. Andererseits das Nicht-Nutzen neuer Medien. Obwohl diese im Gegensatz zu klassischen Medien mehr Möglichkeit zum Diskurs unterschiedlicher Meinungen bieten würden, werde dies nicht ausreichend genutzt: „Diskurs wird nur mit friends und followern betrieben.“ Die Gefahr dabei: Andersdenkende würden als Abtrünnige und Feinde behandelt werden, mit denen kaum Kommunikation und Diskussion betrieben wird, konkretisiert Filzmaier das Problem. Auch dadurch gehe der Grundkonsens verloren.
Doch wie kann wieder ein gemeinsamer Grundkonsens in der Gesellschaft geschaffen werden? Filzmaier fordert mehr politische Bildung und Mediennutzungskompetenz, betont aber: „Das erfordert eine Langzeitlösung.“ Denn die gesellschaftlichen und politischen Probleme der Gegenwart sind nicht erst über Nacht entstanden, sondern über einen jahre- bzw. jahrzehntelangen Prozess. Genausolang brauche es aber auch wieder, um diese gesellschaftlichen Probleme wirklich zu lösen: „Und das ist für politische Akteure, die bestenfalls bis zur nächsten Wahl denken, oft unattraktiv.“